Immer mehr Unternehmen bieten in Zusammenarbeit mit den IHK an, Ausbildungsbotschafter:innen an die Schulen zu schicken. Einer von ihnen ist Loris Rizzuto, der beim Kabelhersteller HELUKABEL in Hemmingen eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik absolviert hat und nun als Vertriebsassistent arbeitet. Beim Gespräch mit ihm auch mit dabei: Ausbildungsleiterin Alexandra Wellinger.
Herr Rizzuto, wie lange braucht es, bis man verstanden hat, warum es bei Ihrem Arbeitgeber HELUKABEL viele unterschiedliche Kabelarten gibt? Sie hatten ja bestimmt kein Vorwissen, als Sie dort angefangen haben, oder?
Loris Rizzuto: Das stimmt – und es dauert tatsächlich auch ein paar Monate, bis man bei einem derart umfangreichen Produktsortiment einen wirklichen Überblick bekommt. Sehr geholfen hat mir dabei, dass ich während meiner Ausbildung verschiedene Abteilungen bei HELUKABEL durchlaufen habe und so das Thema Kabel aus ganz vielen verschiedenen Blickwinkeln kennengelernt habe. Und seit ich in den Vertrieb gewechselt bin, ist es ohnehin meine wichtigste Aufgabe, für die Herausforderungen unserer Kunden die geeigneten Lösungen in unserem Portfolio zu kennen und zu finden.
Während Ihrer Ausbildung waren Sie als Ausbildungsbotschafter regelmäßig an Schulen, um den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort zu stehen und von Ihren Erlebnissen zu berichten. Wie ist es, das erste Mal vor einer Klasse oder einer Gruppe zu stehen, die einen neugierig anschaut?
Loris Rizzuto: Auf jeden Fall interessant – und aufregend! Am Anfang fand ich es ein wenig komisch und es fiel mir schwer, vor so vielen Leuten zu sprechen. Mit der Zeit wurde das aber zur Routine und ich habe mich immer wohler in meiner Rolle gefühlt. Die Tätigkeit als Ausbildungsbotschafter hat mir sehr dabei geholfen, offener und selbstsicherer zu werden.
Welche Fragen stehen bei den Schüler:innen regelmäßig ganz weit oben? Was interessiert sie am meisten?
Loris Rizzuto: Das sind häufig ganz grundsätzliche Dinge oder auch organisatorische Fragen wie: Wie sind meine Arbeitszeiten? Wann und wo muss ich in die Berufsschule? Und natürlich: Wie hoch ist mein Gehalt während der Ausbildung? Von der Schule in die Ausbildung ist es ja ein großer Schritt, da gibt es an vielen Stellen Unsicherheit. Die Schülerinnen und Schüler freuen sich dann auch, wenn sie diese Fragen stellen können und aus erster Hand beantwortet bekommen.
Größere Firmen wie HELUKABEL suchen für ganz unterschiedliche Bereiche neue Auszubildende. Haben Sie, Frau Wellinger, schon einmal erlebt, dass Azubis innerhalb der Firma die Ausbildung gewechselt haben? Einfach deshalb, weil sie zum Beispiel merkten, dass sie doch eher handwerklich und weniger am Computer arbeiten wollen?
Alexandra Wellinger: Während der Ausbildung zwar nicht – aber nur weil man einen bestimmten Beruf gelernt hat, ist man daran ja nicht bis zur Rente gebunden. Bei HELUKABEL hatten wir schon einige Fälle, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich intern neu orientiert haben, weil sie zum Beispiel verborgene Talente oder ihr Interesse für eine neue Aufgabe entdeckt haben. Die Strukturen bei uns sind zum Glück flexibel genug, dass wir solche Wünsche nach Veränderung in der Regel auch erfüllen können.
Loris Rizzuto: Das stimmt – ich selbst bin so ein Fall. Während meiner Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik durfte ich unter anderem einige Zeit im Vertrieb verbringen. Dabei habe ich gemerkt, dass mir die Arbeit dort besonders liegt und riesigen Spaß macht. Durch das Vertrauen meiner Ausbilder sowie meine guten Leistungen bekam ich die Möglichkeit, nach meiner Ausbildung hierher zu wechseln. Ich finde es toll, dass HELUKABEL mir so viel Verantwortung und Chancen zur Weiterentwicklung gibt, das ist für mich nicht selbstverständlich.
Sie haben inzwischen schon mit vielen Schüler: innen gesprochen. Was würden Sie sagen, ist den jungen Menschen von heute am wichtigsten, was ihre Berufswahl betrifft? Und was ist ihnen auch weniger wichtig?
Loris Rizzuto: Neben dem grundsätzlichen Interesse an einem Beruf sind es oft die naheliegenden und pragmatischen Dinge, die eine Rolle spielen: ein kurzer Arbeitsweg, ein attraktives Gehalt, oder dass man sich bei der Arbeit nicht die Finger und die Klamotten schmutzig machen muss.
Alexandra Wellinger: Was ich jedoch in letzter Zeit auch wahrnehme, ist ein gestiegenes Bedürfnis nach Sicherheit. Also die Frage: Ist mein Arbeitsplatz noch da, wenn es dem Unternehmen, der Wirtschaft oder der Welt im Allgemeinen mal nicht so gut geht? Ich denke, da hat die Corona-Krise, als vor allem Gastronomie- und Kulturbetriebe auf einmal schließen mussten, viele junge Menschen nachdenklich gemacht.
Als Hersteller von Kabeln bewegt sich HELUKABEL ja auf einem relativ krisensicheren Terrain. Schließlich werden Kabel immer gebraucht, Spezialkabel erst recht – und das in der ganzen Welt. Ist Ihnen selbst diese Sicherheit eines Arbeitsplatzes etwas wert? Oder ist das eher zweitrangig?
Loris Rizzuto: Das ist für mich – und auch für viele andere – ein ganz wichtiger Faktor! Ich wusste zum Beispiel schon zu Beginn meiner Ausbildung, dass ich sehr gute Chancen auf eine Übernahme habe, wenn ich mir Mühe gebe. Das motiviert und gibt Vertrauen in die eigene Leistung. Die Auszubildenden sind für die Zukunft von HELUKABEL extrem wichtig, und diese Wertschätzung bekommt man im Alltag auch zu spüren. Und natürlich ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass das Unternehmen stabil aufgestellt und nachhaltig erfolgreich ist.
Frau Wellinger, wie zufrieden sind Sie mit dem Zusammenspiel Unternehmen und Schule? Auf was müssen Unternehmen hier achten, damit das gut klappt?
Alexandra Wellinger: Sehr gut funktioniert zum Beispiel unsere Bildungspartnerschaft mit der Glemstalschule in Schwieberdingen. Hier sind wir regelmäßig für gemeinsame Aktionen wie Berufsinformationstage oder Bewerbertrainings vor Ort und arbeiten auch eng mit der Lehrerschaft zusammen. Oft sind deren Schülerinnen und Schüler für Praktika bei uns oder absolvieren hier sogar ihre Berufsausbildung. Mich freut das, weil von dieser Kooperation alle Seiten profitieren. Leider gibt es so eine intensive Zusammenarbeit nicht flächendeckend. An vielen Schulen hat das Thema Berufsorientierung meiner Meinung nach einen zu geringen Stellenwert, die verantwortlichen Lehrer sind entweder nur schwer zu erreichen oder wegen Personalmangel gar nicht erst vorhanden. Hier gilt es für Unternehmen genau wie für Schulen und Bildungspolitik, am Ball zu bleiben, da wir uns sonst angesichts des immer drastischeren Fachkräftemangels wertvolle Chancen verspielen.
Würden Sie diese Partnerschaft noch gerne weiter ausbauen?
Alexandra Wellinger: Von unserer Seite aus ist das Interesse auf jeden Fall vorhanden – schließlich sind wir auf talentierte Nachwuchskräfte in sämtlichen Bereichen angewiesen. Und um diese von uns zu begeistern, müssen wir natürlich an die Schulen gehen und erzählen, wer wir sind und was wir alles zu bieten haben. Am Beispiel der Glemstalschule kann man ja auch sehen, dass dieses Konzept funktioniert. Ich würde mir eine solche Zusammenarbeit auch mit anderen Schulen wünschen, etwa auch mit einem Gymnasium. Denn beim Thema Duales Studium stehen wir ja vor genau den gleichen Herausforderungen. Ich bin überzeugt, dass wir alle in Sachen Berufsorientierung noch viel mehr leisten können, und bin dabei für neue Ideen und Ansätze immer offen!
Vielen Dank für das Gespräch!
helukabel_youngsters.