Viele Hochschulen bieten die Möglichkeit, mit Hilfe von SelfAssessments (SAM) zu prüfen, welcher Studiengang in Frage kommt. Lena Scholten und Ralph Delzepich von der RWTH Aachen erläutern im Interview, auf was es bei einem SAM ankommt.
Frau Scholten, Herr Delzepich, zu viele Studierende brechen ihr Studium ab oder ärgern sich, dass sie doch etwas anderes hätten anfangen sollen. Helfen Testverfahren, Fehlentscheidungen zu vermeiden?
Lena Scholten: Die SelfAssessments (SAM) der RWTH Aachen sind ein onlinebasiertes Instrument, das die Schüler*innen zur Selbstreflexion anregen soll. Wir heben also keinen Daumen hoch oder runter, was die Aufnahme eines Studiums betrifft. Wir können aber auf Basis von Vergleichsnormen anderer Schüler*innen beurteilen, wie sich die Ergebnisse eines SAM zum Durchschnitt der Vergleichsgruppe verhalten. Durch diese indviduelle Rückmeldung können die Schüler*innen dann beispielsweise bei einem unterdurchschnittlichen Ergebnis reflektieren, ob die Anforderungen eines Studiums das Richtige für sie ist. So können die SAMs dazu beitragen, möglichen Fehlentscheidungen vorzubeugen. Gleichzeitig sollte ein unterdurchschnittliches Ergebnis im SAM aber kein Hinderungsgrund sein, ein Traumstudium aufzunehmen. Fachliche oder inhaltliche Defizite können beispielsweise mit ausreichender Motivation und Disziplin aufgeholt werden.
Wie ist Ihr Test aufgebaut?
Lena Scholten: Die SAMs der RWTH sind zweistufig: Erst kommt ein Orientierungs-SelfAssessment (OSeAs), in dem Studien-interessierte ihre generellen fachlichen Interessen erkunden und einen Erwartungsabgleich mit den Anforderungen an der Uni vornehmen können. Danach kommt das Studienfeld-SelfAssessments für alle Studienfächer – außer den medizinischen Studiengängen – hier können die Studieninteressierten sich dann spezifisch in den einzelnen Fachbereich (z.B. Naturwissenschaften oder Geistes – & Kulturwissenschaften) ausprobieren und finden auch Informationen zum Studienangebot an der RWTH.
Wer hat bei Ihrem Test den Programmierern gesagt, was sie tun sollen? Wieviel Arbeit ist es, einen solchen Test auszuarbeiten, bis er irgendwann online gehen kann?
Ralph Delzepich: Das technische System ist eine Eigenentwicklung der RWTH, hier hat ein Team aus Psycholog*innen und Entwickler*innen seit ca. 2003 kontinuierlich an der Implementierung der Plattform gearbeitet. Die Entwicklung eines inhaltlich neues SAM kann durchaus 18 Monate dauern. In der ersten Phase wird mit Vertreter*innen der Zielgruppen in Interviews erarbeitet, was Herausforderungen, Eigenheiten, Besonderheiten aber auch spannenden Aspekte ihres Studienganges sind. Anschließend werden die Aufgaben für die SAMs konzipiert und mit ersten Tests validiert. In einem nächsten Schritt werden dann die Rückmeldungen für die Teilnehmenden der SelfAssessments zielgruppengenau und “sozialverträglich” entwickelt. Nach ungefähr 300 Testdurchführungen wird das SAM abschließend evaluiert und bei Bedarf noch angepasst.
Wann sollte man als Schülerin oder Schüler einen solchen Test machen? Zu Beginn der Oberstufe? Oder erst dann, wenn das Thema Schule so gut wie durch ist und man einen Kopf für Gedanken um die berufliche Zukunft frei hat?
Ralph Delzepich: Die Zahlen zeigen, dass ein Großteil der Studieninteressierten ein SAM viel zu spät durchführt. Der ideale Zeitpunkt für die Durchführung ist in der Q1 bzw. am Anfang der Q2. So können die Ergebnisse mit verschiedenen Gesprächspartnern diskutiert und der Entscheidungsprozess erfolgreich durchgeführt werden. Auswertungen haben uns gezeigt, dass viele erst kurz vor der Einschreibung vom Angebot der SAM erfahren und es daher nicht entsprechend zielführend einsetzen können. Hier haben wir die Maßnahme “SAM on Tour” entwickelt. Dabei fahren wir mit – ausgerüstet mit entsprechender Infrastruktur (Server, Notebooks) – in Schulen und führen dort mit den Schüler*innen unsere SAMs zu einem passenden Zeitpunkt durch.
Frau Scholten, Herr Delzepich, vielen Dank für das Gespräch!
Zur Studienberatung der RWTH Aachen
Hier geht’s zum Test:
https://www.rwth-aachen.de/go/id/eft