Im Ranking der beliebtesten Studiengänge in Deutschland schaffen es die Rechtswissenschaften regelmäßig in die Top 5. Leider ist das Fach aber auch dann ganz vorne mit dabei, wenn es um die Abbruchquoten geht. Daher sollten sich Jura-Interessierte immer erst einmal anschauen, welche alternative Möglichkeiten es im Rechtsbereich noch gibt. Wir sprachen mit Alexandra Seiberlich, die sich für den Beruf der Rechtspflegerin entschieden hat.
Frau Seiberlich, wie kamen Sie auf die Idee, sich beruflich in Richtung Justiz zu orientieren? Kannten Sie den Beruf der Rechtspflegerin?
Schon in der Oberstufe fand ich Jura und die Justiz sehr spannend. Ein klassisches Jurastudium hat mich aber aufgrund der langen, ungewissen Studiendauer nicht angesprochen. Auf den Beruf Rechtspfleger/in stieß ich, als ich gezielt nach juristischen Studiengängen abseits des klassischen Jurastudiums suchte. Ich war sofort überzeugt, dass das mein Traumberuf ist.
Was hat Ihnen an dem Studium so gut gefallen? Was ist das Besondere im Vergleich zu anderen Berufen?
Ein kurzes, klar strukturiertes Studium mit einem konkreten Ergebnis, nämlich der Befähigung, direkt nach dem Abschluss ins Berufsleben bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft einzusteigen – das hat mich genauso total überzeugt wie die gesamte Gestaltung des Rechtspflegerstudiums. An den Hochschulen in Schwetzingen und Ulm arbeitet man in kleinen Gruppen – vergleichbar mit Klassen in der Schule. Man ist ganz nah an den Dozierenden dran und es herrscht eine persönliche, vertrauensvolle Atmosphäre. Durch das Praxisjahr gewinnt man dann realistische Einblicke in alle Einsatzgebiete und kann sein theoretisches Wissen auf den Prüfstand stellen. Des Weiteren ist man bereits während des Studiums Beamtin/Beamter auf Widerruf und erhält Bezüge. Man wird also für das Lernen bezahlt. Das waren und sind für mich nach wie vor fantastische Argumente, um sich für das Rechtspflegerstudium zu entscheiden.
Sie haben Ihr Studium im Jahr 2018 abgeschlossen. Gibt es für Sie jetzt Perspektiven für eine berufliche Weiterentwicklung?
Definitiv. Ich bin praktisch mitten drin in meiner Weiterentwicklung. Nach dem Studium habe ich ein paar Jahre auf einem Grundbuchamt gearbeitet – eine tolle Tätigkeit, die ich nach wie vor großartig finde. Seit etwas mehr als einem Jahr darf ich die Verwaltungsabteilung beim Oberlandesgericht in Stuttgart verstärken und lerne hier Dinge, die über die Studieninhalte hinausgehen. In meiner heutigen Tätigkeit als Personalreferentin darf ich Verantwortung übernehmen, mitentscheiden und mitgestalten und lerne dabei viele interessante Persönlichkeiten kennen. Das bedeutet mir sehr viel. Irgendwann könnte ich mir vorstellen, mit meinem hier gewonnenen Wissen die Verwaltungsleitung einer Behörde zu übernehmen. Das wäre auf jeden Fall eine spannende Perspektive für meine berufliche Weiterentwicklung. Ich freue mich deshalb sehr auf die Zukunft und auf alles, was noch kommt.
Was sollte man an Interessen und Fähigkeiten mitbringen, um langfristig Spaß an der Tätigkeit zu haben?
Deutsch, Deutsch, Deutsch! Gute Ausdrucksfähigkeit in Wort und Schrift ist unablässig in unserem Beruf. Zudem sollte man Lust auf Recherchearbeit haben. Man muss sich ein wenig wie ein Detektiv und ein Schriftsteller zugleich fühlen. Als Detektiv muss man durch Recherchearbeit die richtige Lösung für einen rechtlichen Fall finden und als Schriftsteller muss man in der Lage sein, komplizierte Sachverhalte in gutem und zugleich verständlichen Stil zu Papier zu bringen. Und wenn man dann noch Lust hat, mit Bürgern in Kontakt zu treten, dann bringt man meines Erachtens die wichtigsten Voraussetzungen mit, um langfristig Freude an seiner Arbeit als Rechtspfleger/in zu haben.
Zum Schluss eine ganz wichtige Frage: Was empfehlen Sie aus heutiger Sicht Schüler:innen in der beruflichen Orientierungsphase?
Praktika! Und zwar so viele wie möglich. Ein persönlicher Einblick in verschiedene Berufsfelder ist meines Erachtens die beste Möglichkeit sich klar zu werden, was das Richtige für einen selbst ist.
Danke für das Gespräch, Frau Seiberlich!