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Interkulturelle Kommunikation
Weiterbildung beim Gendersprech

Dass Auslandsreisen ziemlich geeignet sind, die eigenen Sprachenkenntnisse schnell auf ein sehr hohes Niveau zu bringen, ist klar. Unverzichtbar sind sie dann, wenn es um die Feinheiten geht. Die Autorin des Buches „die auslandsreise“, Susanne Troll, weist in ihrer Kolumne für BO[plus] auf einige sprachliche Besonderheiten des Genderns hin. Ihre Bitte: Fahrt ins Ausland und sprecht mit den Menschen vor Ort!

Von Susanne Gry Troll

Mittlerweile gibt es in jeder deutschen Tageszeitung einen Leitartikel über geschlechtergerechte Sprache. Zuletzt im „ZEITmagazin“ vom 13.4.2023 „Über das Gendersprechen“ in der höchsten Stufe, dem persönlichen Gespräch ohne Zeugen und Zeuginnen, bei dem ein Theaterregisseur mit dem ZEIT-Journalisten über Zuschauer*innen sprach und dabei den sogenannten Glottisschlag (also die kurze Sprechpause) verwendete – ohne der Notwendigkeit von Inklusion der Anwesenden.

Schluss mit lustig

Für mich als Dänin eine interessante und bemerkenswerte Entwicklung! Wurde mir doch bisher meine freie und manchmal fehlerhafte Nutzung der vielen deutschen bestimmten und unbestimmten Artikel als „sehr charmant“, fast zu vergleichen mit dem fehlenden „h“ der Französinnen, attestiert. Nehme ich aber die Diskussionen um die deutsche Sprache ernst – und das muss ich ja wohl, da gerade ein Vater in Berlin die Lehrerin seiner Töchter wegen des Gendersprech verklagt hat – so ist jetzt Schluss mit lustig und mit „charmant“! Schließlich bin ich nicht nur Autorin, sondern auch Übersetzerin und muss die neue Sprachanpassung auch ins Dänische übersetzen. Doch hier beginnt das Problem: Von Berufs wegen bin ich zwar über jede Art von Anpassungen dankbar, beschert es mir doch zahlreiche Aufträge. Doch im Falle des Genderns sind nicht mal KI und Google in der Lage, eine genderneutrale Übersetzung zu liefern, obwohl sie täglich neue Begrifflichkeiten dazulernen. Me too – Ich auch nicht!!

Was das alles mit Auslandsreisen zu tun hat? Na ja, eine ganze Menge! Denn hier geht es um interkulturelle Kommunikation!

Jedes Land macht es anders

Da gibt es also diese Sternchen, den Doppelpunkt, das Binnen-I und oder. Und jedes Land macht das anders…oder gar nicht, je nachdem wie sich die Grammatik des jeweiligen Landes etymologisch entwickelt hat. Interkulturelle Kommunikation lernt man am besten vor Ort unter Menschen. Oder wie bezeichnet ein native american einen indischen Koch? Wer von beiden darf noch als Indianer bezeichnet werden?

Und plötzlich kommt manchen Zeichen und Buchstaben eine ganz neue Aufgabe zu: Neulich schrieb mir eine Freundin aus London zum Thema: „Do your f*cking homework!“ Meinte das Sternchen jetzt die gendergerechte Schreibweise oder nur die politisch korrekte Anweisung, mich mit meinen Hausaufgaben zu beeilen? Bisher war das Sternchen zumindest im Deutschen eine Fußnote und ein großes „I“ der Anfang eines Nomens. Heute ist es der Versuch, einen dreimal so langen Satz auf ca. 50 Zeichen zu reduzieren, wie es Martin Krohs bereits 2021 in der „Berliner Zeitung“ zum Streit ums Gendern darstellte. Versuchen Sie mal den Satz „Ein Entwickler hat einen Fehler im Programm entdeckt“ gendergerecht und neutral umzuformulieren, wenn Sie wissen, dass nur ein Entwickler und 22 Entwicklerinnen im Raum anwesend sind! Es gibt hier leider kein generic role noun, das neutral, singular- und pluraltauglich und kompakt ohne Umschreibung einsetzbar ist, außer dem generischen Maskulin, die etymologisch meist kürzeste Form des Sammelbegriffs für „einen oder einer aus dem Kreise der anwesenden Entwickler und Entwicklerinnen“. Und jetzt zählen Sie mal die Buchstaben und erklären mir als Dänin danach, warum „der Fehler“ männlich und nicht sächlich ist, wie in vielen anderen Sprachen auch.

100.000 Euro Strafe bei Anglizismen

Die genderneutrale Sprache gibt es also nicht und jede Sprache geht unterschiedlich damit um. In USA ruft man nicht mehr den Fireman sondern den Firefighter, die Stewardess wird zum flight attendent. Das geht natürlich nicht mit allen Begriffen, ohne den Sinn oder Zusammenhang zu verändern, oder ohne Texte wie diesen hier unnötig in die Länge zu ziehen. Damit nicht genug, will Italiens Regierungspartei die Verwendung englischer Wörter hart bestrafen. Ein Gesetzentwurf zum Schutz des Italienischen soll 100.000 Euro Strafe für die Verwendung von Anglizismen fordern und damit die Globalisierung zumindest in der Sprache zurückdrehen, wie auch die „Berliner Zeitung“ Anfang April berichtete. Das Ziel von gerechter Sprache und der Bewahrung von Kultur wird dadurch natürlich nicht erreicht.

Sie sehen: Es gibt viele Gründe, Auslandserfahrung zu sammeln. Wer übrigens genau zu diesem Thema mehr erfahren will, dem kann ich gerne mein Buch „die auslandsreise“ empfehlen. Wie ich darin mit dem Gendern gehalten habe? Schauen Sie am besten selbst!

www.dieauslandsreise.de

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