Jahr für Jahr entscheiden sich allein in NRW um die 20.000 junge Menschen, einen Freiwilligendienst aufzunehmen, das ist innerhalb Deutschlands ein Spitzenwert. Mehrere katholische Träger haben jetzt in einem Positionspapier Forderungen an die Politik formuliert. Ein Punkt: Die Freiwilligendienste sollen als “gleichwertige Anschlussperspektive nach der Schule und im Berufsfindungsprozess” dargestellt werden. Wir hakten nach bei Anna Neuber, sie arbeitet beim Verein Freiwillige soziale Dienste in Köln.
Frau Neuber, auch Ihr Verein fordert eine verbesserte Anerkennungskultur für die Freiwilligendienste. Wo liegt das Problem?
Freiwillige übernehmen Verantwortung für sich und für andere und schaffen damit die Basis für ein demokratisches Zusammenleben. Das Freiwillige Soziale Jahr und der Bundesfreiwilligendienst sind wertvolle Lerndienste an der Schnittstelle von Schule und Beruf. Sie stärken die Persönlichkeitsentwicklung insbesondere von jungen Menschen, tragen zur Selbstwirksamkeit, zur Orientierung und der politischen Bildung bei. Das bedarf mehr Anerkennung! Denn Anerkennung bedeutet Wertschätzung für das wichtige Engagement vieler Menschen. Würde dies abnehmen, könnte es dazu führen, dass die Barriere, sich aktiv für andere einzusetzen oder in sozialen Bereichen zu arbeiten, größer wird. Um eine Teilhabe an den Freiwilligendiensten zu ermöglichen, braucht es deshalb schnell verbesserte Rahmenbedingungen!
In dem Papier wird auch konkret darauf hingewiesen, dass die Freiwilligendienste einen höheren Stellenwert in der beruflichen Orientierung haben sollten. Wie kann das erreicht werden?
Um Teilhabe durch Engagement zu ermöglichen, benötigen die Freiwilligen vor allem erleichterte Zugänge, dies kann zum Beispiel durch die Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder vereinfachte Visa-Verfahren erreicht werden. Es braucht früh konkrete und passgenaue Informationen. Der Freiwilligendienst sollte als gleichwertiger Anteil im Anschluss an die Schule angesehen werden – äquivalent zu einer Ausbildung oder einem Studium! Daher sollten Informationen rund um die Freiwilligendienste schon in der Berufsinformation an Schulen fest verankert werden, auch durch politische Beschlüsse. Das kann gleichzeitig die gesellschaftliche Anerkennung verbessern und für eine vollwertige Informationskultur sorgen. Zusätzlich ist es sinnvoll, dass Freiwilligendienste bei einer bestimmten Mindestdauer boniert werden, zum Beispiel bei der Aufnahme von ausgewählten Studiengängen oder in Ausbildungsberufen.
Es gibt vier Freiwilligendienste: Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ), der Bundesfreiwilligendienst (BFD) und der Internationale Jugendfreiwilligendienst (IJFD). Für einen jungen Menschen auch wieder nicht ganz so einfach, die Angebote zu überblicken. Welchen Tipp geben Sie, es doch zu schaffen?
Die Möglichkeiten und Einsatzbereiche im Freiwilligendienst sind vielseitig und zahlreich: Der FSD Köln bietet den BFD und das FSJ an. Das FÖJ wird in NRW vom Landschaftsverband Rheinland oder Westfalen-Lippe angeboten. Im Internationalen Jugendfreiwilligendienst kooperiert der FSD Köln mit InVia International. Wir geben Interessierten auf unserer Internetseite (fsd-koeln.de) einen Überblick, in der Online-Stellenbörse werden beispielsweise freie Stellen in ganz unterschiedlichen Einsatzstellen aufgezeigt, auf die man sich direkt bewerben kann. Zusätzlich bieten wir offene Informationstermine und Beratungen an, in denen wir gemeinsam mit den Interessierten passende Einsatzorte aussuchen. Bundesweit gibt es zudem Träger übergreifende Portale, die einen Überblick geben, zum Beispiel freiwillig-ja.de.
Vielen Dank, Frau Neuber, für das Gespräch!
Informationen zum Aktionstag am 19. Mai 2022
https://fuer-freiwillige.de/aktionstag