Arbeitsminister Hubertus Heil will verstärkt auf Berufsorientierung an Schulen setzen, um Fachkräfte zu gewinnen. „Dieses Land braucht nicht nur Akademiker. Wir brauchen nicht nur Master, wir brauchen auch Meisterinnen und Meister“, sagte der SPD-Politiker beim Tourismusgipfel in Berlin. Es brauche mehr Berufsorientierung an Schulen, um jungen Menschen nicht nur durch ein kurzes Praktikum, sondern auch durch eine längere Phase zu ermöglichen, die unterschiedlichen Berufswelten kennenzulernen. Sein Wunsch an die Landespolitik sei Berufsorientierung an allen Schulformen ab der fünften Klasse. *** Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, haben Beschäftigte in Vollzeit mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung im April 2022 durchschnittlich 3 521 Euro brutto verdient. Ohne einen beruflichen Ausbildungsabschluss waren es hingegen nur 2 817 Euro und damit rund 700 Euro weniger. Wer einen Meister-, Techniker-, oder Fachschulabschluss vorweisen konnte, kam im Durchschnitt auf 4 826 Euro. Mit einem Bachelorabschluss betrug der Verdienst 4 551 Euro, rund 1 600 Euro mehr wurden mit einem Masterabschluss erzielt (6 188 Euro). Bei promovierten oder habilitierten Beschäftigten betrug der durchschnittliche Verdienst sogar 8 687 Euro. Friseurinnen und Friseure liegen weit unter dem Durchschnitt, Pilotinnen und Piloten deutlich darüber Neben dem Bildungsabschluss bestimmt die Berufswahl maßgeblich die Höhe des künftigen Verdienstes. Auch zwischen verschiedenen Ausbildungsberufen sind deutliche Verdienstunterschiede feststellbar. So erhielten vollzeitbeschäftigte Friseurinnen und Friseure im April 2022 brutto 1 778 Euro pro Monat, während Mechatronikerinnen und Mechatroniker für Kraftfahrzeuge mit durchschnittlich 3 204 Euro rund 1 400 Euro mehr erhielten. Über verschiedene Ausbildungsabschlüsse hinweg gehörten unter anderem Personen zu den Topverdienenden, die einem Arztberuf nachgingen (7 706 Euro) oder als Pilot beziehungsweise Pilotin arbeiteten (8 739 Euro). Beschäftigte in der Altenpflege verdienten mit 3 559 Euro weniger als der Durchschnitt (4 105 Euro). Eine umfassende Übersicht über die Verdienste in unterschiedlichen Berufen steht in der Datenbank GENESIS-Online zur Verfügung. Dort liegen sämtliche Angaben als arithmetischer Mittelwert sowie Median vor. Der interaktive Gehaltsvergleich berücksichtigt neben dem Beruf und der Ausbildung auch den Einfluss von Branche, Berufserfahrung und weiteren Faktoren auf den Verdienst Neben Beruf und Ausbildungsabschluss spielen auch andere Einflussfaktoren wie die Branche oder die mit dem Alter gewonnene Berufserfahrung eine Rolle. Der interaktive Gehaltsvergleich des Statistischen Bundesamtes berücksichtigt solche Faktoren und liefert dadurch individuell zugeschnittene Informationen zu den Verdiensten einzelner Berufe. Die interaktive Anwendung nutzt die Aprildaten der Verdiensterhebung 2022 und gibt für individuelle Profile Schätzungen des Bruttomonatsverdienstes aus. So können die Nutzerinnen und Nutzer zum Beispiel sehen, ob sie mit ihrer Ausbildung in einer anderen Branche mehr verdienen würden, oder ob es sich lohnt, eine Meisterprüfung anzustreben. Auch welche Berufswahl besonders vorteilhaft ist oder ob eine langjährige Unternehmenszugehörigkeit angemessen bezahlt wird, können sie mit Hilfe des Gehaltsvergleichs überprüfen. Dazu werden Beruf, Branche, Ausbildungsabschluss und andere stellen- und personenbezogenen Merkmale ausgewählt. Für das individuelle Profil zeigt die Anwendung dann den geschätzten durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst an. *** Wenn es um die Suche nach dem passenden Beruf geht, ist nur ein Viertel der Jugendlichen davon überzeugt, dass es genügend Informationen zur Berufswahl gibt, und man sich darin auch gut zurechtfindet. Demgegenüber sind 53 Prozent der Jugendlichen mit dem Informationsangebot überfordert. Immerhin weiß etwas mehr als jede:r zweite Jugendliche (56 Prozent) „sehr gut“ oder zumindest „eher gut“ über den angestrebten Beruf Bescheid. Dies sind die Ergebnisse einer Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, für die das Institut icon-kids & youth bundesweit 1.666 Jugendliche befragt hat. Noch ein Ergebnis: Jugendliche sind bei der Berufsorientierung weniger digital orientiert als vermutet: Die wichtigsten Informationsquellen sind für die Hälfte der 14- bis 20-Jährigen (48 Prozent) Gespräche mit Lehrer:innen, Ausbilder:innen und Berufsberater:innen. Erst dann folgen mit 40 Prozent Informationen, die sie sich selbst anlesen und mit ebenfalls 40 Prozent Praktikumsplätze. „In der Corona-Krise wurde zu Recht eine zügige Digitalisierung der Berufsorientierung eingefordert“, sagt Ausbildungsexpertin Claudia Burkard. „Dabei dürfen wir aber nicht übersehen: die direkte Erfahrung und das persönliche Gespräch sind für viele Jugendliche immer noch essenziell.“ Das Berufsinstitut für Berufsbildung hat in einer Projektion untersucht, inwieweit sich die Zielsetzungen der neuen Bundesregierung auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt auswirken könnten. Fazit: Die geplanten Maßnahmen könnten ab 2025 etwa 400.000 Erwerbstätige zusätzlich beschäftigen. Vor allem die geplanten Anstrengungen im Bausektor und bei den erneuerbaren Energien bringen laut Studie eine erhebliche Zusatznachfrage nach Arbeitskräften. Aber auch in der Landwirtschaft wird laut Projektion der Fachkräftebedarf steigen, weil der Ausbau des Ökolandbaus personalintensiv sei. Diese Mehrbedarfe, so das BIBB, gebe es also in Berufen und Branchen, in denen die Fachkräftesituation schon jetzt angespannt sei. Eine weitere Verschärfung könnte die Verwirklichung der ambitionierten Ziele der neuen Regierung verhindern oder mindestens zeitlich verzögern. Es zeige sich, dass Maßnahmen zur Fachkräftesicherung also ebenso zentrale Bausteine zum Gelingen des angestrebten Kurses sein werden. Dazu zählten die Stärkung der Dualen Ausbildung, die Fortführung der Fachkräftestrategie und der Nationalen Weiterbildungsstrategie, ergänzt um eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren, die Möglichkeit zur Neuorientierung im Erwerbsleben und die Arbeitskräfteeinwanderung. https://www.bibb.de/de/154384.php *** Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet damit, damit rund 40 Prozent aller angebotenen Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Denn im Jahr 2021 seien gut 63.000 gemeldete Stellen unbesetzt geblieben. Rechne man diejenigen Stellen hinzu, die nicht bei den Arbeitsagenturen gemeldet würden, liege dieser Anteil bei knapp 40 Prozent, erläutert die Studie. Besonders stark betroffen seien Berufe, in denen schon heute ein ausgeprägter Fachkräftemangel herrsche. Die Wirtschaft habe zwar auf die Entwicklung reagiert und in den Bereichen, wo ein nachhaltiger Fachkräftemangel herrsche, verstärkt Ausbildungsplätze angeboten. Doch erweise es sich zunehmend als Problem, die Angebote und die Wünsche der Jugendlichen zusammenzubringen, so die Autoren des IW. Die Experten plädierten in der Studie dafür, in der Berufsorientierung stärker auf Berufe mit hohem Fachkräftemangel und freien Ausbildungsplätzen aufmerksam zu machen. Das sei auch im Interesse der Jugendlichen: Denn sie hätten hier nicht nur eine größere Chance auf einen Ausbildungsplatz, sondern auch bessere Aussichten auf eine spätere Anstellung – und häufig bessere Verdienstaussichten. Die größten Engpässe gibt es laut IW in den Berufszweigen Metzgereifachverkäufer, Installateure, im Gastronomiebereich und in der Beton- und Stahlbetonbranche. *** „Master Skills – Change the World“, so lautet das Motto der 46. Weltmeisterschaft der Berufe, die vom 12. bis zum 17. Oktober 2022 in Shanghai ausgetragen wird. Bei den WorldSkills werden junge Fachkräfte aus der ganzen Welt in 63 Disziplinen antreten. Deutschland plant, mit seiner 39-köpfigen Berufe-Nationalmannschaft in 34 Disziplinen anzutreten. Inzwischen hat Polen die Einladung zur Ausrichtung der EuroSkills 2023 angenommen. Im Zuge des Ukraine-Konflikts hatte WorldSkills Europe (WSE) Anfang März Russland die Austragung der EuroSkills 2023 in St. Petersburg entzogen. https://bit.ly/38iSzAEBundesminister Heil fordert BO ab der 5. Klasse
Höhere Bildungsabschlüsse führen im Regelfall auch zu höheren Verdiensten der Beschäftigten
BO: „Persönliche Gespräch sind für viele Jugendliche essenziell“
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BIBB: Beschäftigungseffekte der Regierungspläne
IW: Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen bei 40 Prozent
WorldSkills und EuroSkills