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Ausbildung oder Studium?
„Die Berufsoptionen müssen stärker thematisiert werden“

Warum entscheiden sich manche Schüler: innen für eine Ausbildung und andere für ein Studium? Nur Befragungen helfen an dieser Stelle weiter, sie liefern wichtige Erkenntnisse, die etwa auch im Ausbildungsmarketing genutzt werden können. Wir sprachen darüber mit Dr. Annalisa Schnitzler vom Bundesinstitut für Berufsbildung.

Frau Dr. Schnitzler, es ist schon ein paar Jahre her, dass Sie mit Hilfe der Daten einer Befragung des Nationalen Bildungspanels die (Aus-)Bildungspräferenzen von Zwölftklässlern untersuchten. Die Jugendlichen standen kurz vor dem Abi. Ein Ergebnis lautete: Man sollte in der Berufsorientierung nach Möglichkeit mehr auf Berufsoptionen hinweisen, die Jugendliche im Regelfall nur bei Studienfächern vermuten. Einfach weil sie bestimmte Karriereoptionen überhaupt nicht kennen, die sich über eine Ausbildung ergeben. Da es an Informationsangeboten nun wirklich nicht mangelt: Wie könnte man dieses Ziel Ihrer Meinung nach erreichen?

Ich würde empfehlen, die unterschiedlichen Berufsoptionen in den bestehenden Orientierungsangeboten stärker zu thematisieren. Ich glaube, viele verbinden mit Ausbildung nach wie vor ganz bestimmte Branchen oder Anspruchsniveaus. Oft ist nicht bekannt, dass man in vielen Tätigkeitsbereichen sowohl mit Studien- als auch mit Ausbildungsabschluss arbeiten kann. Diesen Punkt greift das Berufsorientierungsprogramm (BOP) auf. Dort erproben Schüler/-innen der Sekundarstufe II – aus allgemeinbildenden Gymnasien auch in SEK I – während der praxisorientierten BO-Tage in den gewählten Berufsfeldern Aufgaben aus akademischen und Ausbildungsberufen. Sie lernen deren Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Schnittstellen kennen, wie sie sich dort zeigen, wo Menschen mit unterschiedlichen Berufsbiografien zusammenarbeiten, also z. B. im Labor die Chemikerin und der Chemielaborant. So erleben sie, dass auch der Ausbildungsberuf ein anspruchsvolles Tätigkeitsprofil bietet. Das gilt natürlich nicht nur hier. Selbst in Bezug auf vermeintlich bekannte Berufe, etwa im gewerblichen Bereich, muss – ich sag‘s mal so – oft ein veraltetes Bild geradegerückt werden. Auch da ist ein Einblick in die beruflichen Abläufe auf dem aktuellen Stand der Arbeitsrealität entscheidend.

Sie fanden damals auch heraus, dass viele Gymnasiast:innen dem Studium eine höhere Nutzenerwartung zuschreiben und schlussfolgerten so, dass man wohl mehr auf die hohen Spannen in der Ausbildungsvergütung und die späteren Einkommensperspektiven hinweisen sollte. Wie sehen Sie dieses Thema? Sollten Unternehmen stärker mit höheren Vergütungen in der Ausbildung werben?

Es geht hier nicht nur um die Vergütung in der Ausbildung, sondern auch um Karriereperspektiven im Beruf. Etwa, welche Fortbildungen nach der Ausbildung eine spätere Selbständigkeit ermöglichen. Auch das schon angesprochene Tätigkeitsniveau oder die Aufgabenvielfalt sind Nutzenaspekte – die können Betriebe gut bei Praktika oder Betriebsbesuchen aufzeigen. Aktuell ist auch der Klimaschutz Thema bei der Berufswahl. Vielen ist sicher nicht klar, wie viele Ausbildungsberufe direkt und indirekt zur grünen Transformation beitragen. Auch damit können Unternehmen Interesse wecken.

Warum sind Umfragen wie die, die Sie für Ihre Analysen genutzt haben, eigentlich so wichtig für die berufliche Forschung? Vielleicht, weil manchmal Erkenntnisse gewonnen werden, auf die man ohne nachfragen nie gekommen wäre?

Genau. Befragungen sind eine sehr wichtige Grundlage für die Forschung. Statistische Daten wie die Zahl der Ausbildungsanfänger:innen erklären ja nicht das „Warum“ der Berufswahl. Um ihre Beweggründe zu verstehen, muss man die Jugendlichen direkt fragen. Auch für die Planung von Modellprojekten zur Berufsorientierung sind Umfrageergebnisse wichtig.
Interventionsstudien wiederum liefern Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Orientierungsangeboten. Das aktuelle Heft der Zeitschrift BWP berichtet übrigens über Ergebnisse solcher Studien.

Vielen Dank, Frau Dr. Schnitzler, für das Gespräch!

https://www.bwp-zeitschrift.de/dienst/publikationen/de/9613

https://www.bwp-zeitschrift.de

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