Foto von Niels Germerodt
Der Karriereberater Christoph Burger berät in aller Regel Menschen, die schon berufstätig waren oder sind und sich verändern möchten. Das heißt: Er hat sich in seinem Leben schon sehr oft mit Leuten unterhalten, die ihre berufliche Entscheidung zum Ende oder nach der Schulzeit heute in einem anderen Licht sehen. Die heute vielleicht merken, dass sie sich damals für das Falsche entschieden haben. Oder immer noch dahinterstehen, aber im Job nicht richtig weiterkommen. Können aus den Erfahrungen Berufstätiger Ratschläge für heutige Schüler abgeleitet werden?
Herr Burger, Sie sind im Großraum Stuttgart als Berater tätig und helfen Menschen, beruflich auf eine für sie bessere Spur zu kommen. Das heißt: Erst einmal müssen Sie wahrscheinlich in solchen Beratungen geduldig zuhören. Gibt es für Sie nach den vielen Jahren als Berater ein Muster, das Ihnen immer wieder begegnet? Gibt es viele, die sich ohrfeigen könnten für das, was sie nach der Schule für sich entschieden haben?
Späterer Ärger stellt sich häufig bei Menschen ein, die nicht auf ihre innere Stimme gehört haben, sondern blind Empfehlungen gefolgt sind. Dagegen hilft sich breit zu informieren. Die Vorbereitung auf genau eine Nische ist häufig ähnlich schwierig, wie ein überlaufenes Studium und ein enger Arbeitsmarkt für Absolvent*innen. Heikel kann auch die Idee sein, mit einem „anderen“ Studium, das schlecht zum Ziel passt, irgendwie doch noch dorthin zu kommen. Im Zweifel „einfach mal irgendwas“ zu studieren würde ich eher nicht empfehlen. Dann lieber zunächst Praxiserfahrungen sammeln.
Haben Sie ab und an auch Menschen auf dem Sofa sitzen, die in Ihrer beruflichen Laufbahn eigentlich alles richtig gemacht und eine tolle Karriere geschafft haben, aber dennoch kreuzunglücklich sind? Wenn ja: Woran hat’s Ihrer Meinung nach in vielen Fällen gelegen?
Ein Sofa habe ich in der Praxis nicht stehen … die Menschen sollen da ja mitarbeiten (lacht). Aber zur Frage: In der Gesellschaft und in den Köpfen einiger Eltern existiert so etwas wie die Musterkarriere. Manche Eliteunis trainieren auch den Menschen bewusst das eigene Denken ab, indem sie die Studierenden so mit Inhalten und Prüfungen zudecken, dass keine Zeit mehr dafür bleibt. Und einige Konzerne machen es ähnlich. Sie ziehen leistungsfähige Mitarbeiter an und dann ihre Arbeitskraft ab. Als Gegenleistung gibt es ein immer höheres Gehalt. Das wirkt wie ein goldener Käfig, den man nicht verlassen mag.
Angenommen, Sie stünden vor einer Abschlussklasse einer Schule und hätten den Auftrag bekommen, aus dem Nähkästchen zu plaudern: Was wäre Ihre wichtigste Botschaft für diejenigen, die eine Entscheidung für eine bestimmte Ausbildung oder ein Studium noch nicht gefällt haben? Was sollten sie beachten? Und welchen Tipp auf keinen Fall?
Sie sollten sich so breit wie möglich informieren. Mit so vielen Leuten als möglich sprechen, Eltern, Nachbarn, Lehrer:innen, Arbeitsberater:innen. Tests machen. Probetage sind sehr hilfreich. Recherchieren: Wie sind die Berufsaussichten später? Was wird bezahlt – und reicht so ein Gehalt auf Dauer? Ferner gilt es zu bedenken, wie sich die Welt und damit der Arbeitsmarkt mit den Umweltkatastrophen, die sich in den nächsten Jahren unweigerlich zuspitzen werden, verändern wird.
Nun bereiten Sie Menschen auch intensiv auf Vorstellungsgespräche vor. Damit haben auch Schülerinnen und Schüler zu tun, wenn Sie sich um ein Praktikum oder eine Ausbildung bewerben. Womit punkten Bewerberinnen und Bewerber immer, egal wie alt? Was wirkt besonders überzeugend oder ist nach Ihren Erfahrungen das, was am Ende entscheidet, ob jemand genommen wird?
Wenn die Bewerber*innen im Gespräch überzeugend vermitteln können, dass sie nicht der Zufall auf ihren Stuhl stupste, sondern eine reifliche Überlegung und gründliche Recherche dorthin geführt hat. Hier lohnt es sich direkt, wenn die Vorarbeit stimmt. Jetzt müssen sie nur noch davon erzählen, was sie unternommen haben, um die richtige Entscheidung zu treffen und den passenden Arbeitgeber auszuwählen. Das sind zugleich überzeugende Argumente aus Sicht der Unternehmen und Organisationen.
Was ging Ihnen damals durch den Kopf, als Sie den Schulabschluss in der Tasche hatten?
Ganz ehrlich? Der erste Gedanke war ungefähr so: „Endlich Schluss mit Schule! Das einzig Gute der letzten Jahre war der Musik-Leistungskurs. Jetzt habe ich endlich Zeit, um das zu lesen, was mich wirklich interessiert“. Und dann habe ich mir meinen Weg gesucht.
Vielen Dank, Herr Burger, für das Gespräch!
www.christophburger.de
cb@christophburger.de