Seit 20 Jahren erscheint das Buch „die auslandsreise“. Herausgeberin und Autorin ist Susanne Gry Troll, die Dänin lebt seit 1997 in Deutschland und hat in jungen Jahren bei verschiedenen Auslandsaufenthalten das erlebt, was sie heutigen Schulabgängern verspricht. die im Ausland mehr als nur Urlaub machen möchten: Erfahrungen und Erinnerungen, die bleiben.
Frau Troll, Ihr Buch erscheint inzwischen in der 19. Auflage. Was hat sich am Markt für Auslandsreisen zuletzt geändert? Was ist neu?
Der Markt ist ständig in Bewegung. Die Programme weltwärts und kulturweit kamen in den Jahren 2008/2009 als Freiwilligendienste dazu, während 2011 der Wegfall der Wehrpflicht diesen Markt komplett durchgewirbelt hat. Auch die Wünsche der Kunden haben sich in den letzten 20 Jahren geändert: Aufenthalte werden kombiniert. Au-pair wird zu Demi-pair und vielleicht noch mit einem Auslandsstudium verbunden. Work and Travel ist eine immer beliebtere Alternative zu fixen Aufenthaltsorten, auch in Ländern, die eigentlich gar nicht dafür vorgesehen sind.
Welche Folgen haben der Brexit und der Ukraine-Krieg?
Der Brexit verändert aktuell das Angebot in Großbritannien. Irland wird für das englischsprachige Nahziel attraktiver und es verschwanden eine ganze Reihe von Arbeits- und Studienmöglichkeiten – Dublin ist das neue London. Der Krieg in der Ukraine hat bereits jetzt große Auswirkungen auf die Freiwilligenarbeit in den osteuropäischen Ländern, in die Deutschland seit vielen Jahren Freiwillige entsendet. Ich beobachte aber, dass die Branche unter den aktuellen Umständen sehr flexibel geworden ist.
Welche der verschiedenen Auslands-Optionen werden eigentlich am häufigsten gebucht?
Au Pair und Work and Travel sowie Freiwilligendienste machen den größten Anteil bei den Schulabgängern aus. Sprachreisen und Schulaufenthalte aller Art gehören seit langem zur Ausbildung bei den 16–19-Jährigen.
Angenommen, ich weiß schon, in welche Richtung meine Ausbildung oder mein Studium nach der Schule gehen soll. Sollte das eine Rolle dabei spielen, wenn ich überlege, wohin und mit welchem Schwerpunkt es nach der Schule ins Ausland geht?
Das meinen viele, macht aber meistens wenig Sinn. Für ein berufsorientiertes Praktikum werden Vorkenntnisse und Qualifikationen gefordert. Wenn die nicht da sind, endet das Praktikum am Kopierer oder an der Kaffeemaschine. Das lernt man auch zuhause. Bei einem Auslandsaufenthalt im Lebenslauf geht es um die Soft Skills und natürlich die Sprachpraxis. Wichtig sind interkulturelle Kompetenzen, Lebenserfahrung mit neuen Herausforderungen, Neugier und Empathie z. B. bei einer Freiwilligenarbeit im Ausland. Durchsetzungsvermögen ist im Beruf genauso wichtig wie Fachkenntnis. Wenn es dann bei einer späteren Tätigkeit z.B. im Gesundheitswesen zusammenpasst, umso besser. Und ganz wichtig: Es darf auch Spaß machen!
In Ihrem Buch steht, dass man viele Monate vor Beginn der geplanten Auslandsreise mit der Organisation beginnen sollte. Haben denn auch Kurzentschlossene eine Chance, etwas zu buchen? Immerhin kann es ja sein, dass der Termin einfach noch nicht klar war.
Ja, das gilt noch und ja, das haben sie. Je weiter weg das Reiseziel, desto mehr Zeit wird für die Vorbereitung benötigt. Visumpflicht, Arbeitserlaubnis, die richtige Organisation, die richtige AU-Pair-Familie, all dies benötigt Zeit und vorher sollte klar sein: was will ich und wohin. Einiges davon kann man sicher im Vorfeld und Zwischendurch erledigen. Aber es gibt auch immer eine Option für einen kurzfristigen Auslandsaufenthalt. Es genügt ein Interrail-Ticket, online gebucht, ein Hostel, Last Minute auf dem Weg zum Bahnhof, und los geht es. Innerhalb der EU haben alle Bürger freie Arbeits- und Aufenthaltswahl und in den meisten Großstädten Europas findet man schnell einen Job als Kellner oder Aushilfe. Mein ganz persönlicher Rat für die Auslandsreise: Suche die Möglichkeiten und nicht die Grenzen. Es ist immer gut eine Alternative zu haben. Und genau dafür schreibe ich das Buch.
Danke für das Gespräch, Frau Troll!