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Zugangsbeschränkungen an Hochschulen
“Mit ein bisschen räumlicher Flexibilität erhöht man seine Chancen”

Nur noch 35 Prozent aller Studienangebote in Deutschland haben aktuell eine Zugangsbeschränkung. Dies kann entweder eine quantitative Zulassungsbeschränkung, ein so genannter Numerus Clausus, oder auch eine qualitative Beschränkung über ein Eignungsfeststellungsverfahren sein. In beiden Fällen wird über die Zulassung anhand von Noten oder weiteren Kriterien wie Testergebnissen, Auswahlgesprächen oder vorherigen Berufserfahrungen entschieden. Über den aktuellen Stand und interessante Trends sprachen wir mit Cort-Denis Hachmeister vom CHE Gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung und Anna Gehlke von CHE Consult.

Herr Hachmeister, Frau Gehlke, Sie haben wie in jedem Jahr jede Menge Zahlen ausgewertet und festgestellt, dass sich ein Trend festsetzt.

AG: Ja, und das ist eine gute Nachricht für Schulabgänger:innen. Wir beobachten seit Jahren einen Rückgang der zugangsbeschränkten Studienangebote in Deutschland.

CDH: Die Hauptgründe dafür sind aus meiner Sicht der Rückgang der Erstsemesterzahlen und der gleichzeitige Ausbau der Studienangebote.

Was heißt „zugangsbeschränkt“ denn genau?

CDH: Zugangsbeschränkte Studienangebote können zum einen eine zahlenmäßige Zulassungsbeschränkung, den so genannten Numerus Clausus haben, also eine Höchstzahl von Studienanfänger:innen die aufgenommen werden können. Zum anderen kann ein Studienangebot über das Abitur hinaus eine besondere Eignung voraussetzen, ohne die man nicht studieren kann. Dann gibt es ein so genanntes Eignungsfeststellungsverfahren, das man bestehen muss. In beiden Fällen wird aufgrund verschiedene Kriterien entschieden, ob man zugelassen wird oder nicht.

AG: Anders als in anderen Ländern hat man in Deutschland mit dem Abitur grundsätzlich das Recht, jeden Studiengang an jeder staatlichen Hochschule zu studieren – es sei denn, es wollen dort immer so viele Leute studieren, dass der Studienbetrieb ohne Beschränkungen nicht mehr möglich wäre.

CDH: Genau. Deshalb sin die allermeisten Studienangebote, nämlich rund zwei Drittel „zulassungsfrei“ – das heißt, dass man sich mit seinem Abitur- oder auch Bachelorzeugnis einfach einschreiben kann.

Heißt das, dass die Aussichten auf ein Studium im Wunschfach lange nicht so gut waren?

CDH: Absolut richtig. Selbst in bundesweit zulassungsbeschränkten Fächern, wie zum Beispiel Medizin, hat sich in den vergangenen Jahren das Verhältnis von Studienplätzen zu Bewerber:innen deutlich verbessert. Auf einen Studienplatz im zentralen Bewerbungsverfahren in den Fächern Pharmazie, bzw. Human-, Tier- oder Zahnmedizin kommen im Durchschnitt 2,8 Bewerber:innen.

Wie lautet also zusammenfassend die Botschaft für all diejenigen mit einem nicht ganz so glanzvollen Abi?

CDH: Es sind eigentlich sogar drei Botschaften. Erstens: für zwei Drittel aller Studienangebote spielt die Abinote überhaupt keine Rolle. Für die allermeisten Fächer gibt es irgendwo auch zulassungsfreie Angebote. Zweitens: In den bundesweit zulassungsbeschränkten Fächern Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin, Pharmazie und auch Psychologie gibt es an allen staatlichen Hochschulen Zulassungsbeschränkungen. Aber auch da sollte man sich trotz weniger guter Abiturnote nicht davon abhalten lassen, sich zu bewerben – denn heutzutage fließen neben der Abiturnote oft noch weitere Kriterien in die Auswahlentscheidung ein. Trotzdem ist eine gute Abiturnote natürlich die Basis…

AG: …und drittens sind wir immer wieder erstaunt über die großen Unterschiede beim Anteil zugangsbeschränkter Studienangebote zwischen Orten und Bundesländern. An Hamburger Hochschulen sind es beispielsweise 62 Prozent, in Schleswig-Holstein 22 Prozent. An Berliner Hochschulen sind es 55 Prozent, im umliegenden Brandenburg nur 20 Prozent, in Köln 46 Prozent aber in Bonn nur noch 23 Prozent. Mit ein bisschen räumlicher Flexibilität erhöht man also seine Chancen…

Und wenn ich aber doch unbedingt in einer großen Stadt studieren möchte, weil da mehr los ist?

CDH: Das ist natürlich ein Stück weit nachzuvollziehen. Man kann sich dann ja auch in der Wunsch-Stadt bewerben, sollte sich aber darauf einstellen, dass es eventuell doch eine andere Stadt wird. Ich fände es jedenfalls schade, sein Wunschfach aufzugeben, nur weil man in eine bestimmte Stadt möchte. Es gibt viele schöne Hochschulstädte in Deutschland.

AG: Ich habe auch schon von Studierenden gehört, dass sie ein Studium „auf dem Land“ mit Wochenenden in der Großstadt kombinieren, oder in der Großstadt leben und an einem kleineren Standort im Umland studieren.

Wenn Sie sich jetzt die Beschränkungen bei den unterschiedlichen öffentlichen Hochschultypen anschauen, was können Sie dazu sagen?

AG: Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften / Fachhochschulen nehmen sich gegenseitig eigentlich nichts: Unis haben 33 Prozent und HAW 34 Prozent zugangsbeschränkte Angebote. Auch zwischen Bachelor (34 %) und Master (36 %) gibt es kaum Unterschiede.

CDH: Das sieht bei den Kunst- und Musikhochschulen allerdings ganz anders aus: Hier sind Eignungsprüfungen an der Tagesordnung. Und es gibt auch noch die Verwaltungshochschulen – hier ist die „Eintrittskarte“ eine Laufbahn im öffentlichen Dienst – zum Beispiel bei einer Behörde oder bei der Polizei. Da wird man dann sogar für das Studieren bezahlt. An privaten Hochschulen muss man dagegen selbst bezahlen – dafür wird, wenn überhaupt, meist nicht nur nach Abiturnote ausgewählt.

Wie wählen die Hochschulen denn überhaupt aus?

CDH: Die Abiturdurchschnittsnote spielt nach wie vor eine gewichtige Rolle. Darüber hinaus dürfen, bzw. müssen die Hochschulen teilweise sogar, verschiedene weitere Kriterien heranziehen: Einzelfachnoten, das Ergebnis von Eignungstests, vorherige einschlägige Berufserfahrungen oder außerschulische Leistungen oder auch Auswahlgespräche. Bei den Gesprächen kann es dann darum gehen, warum man ein Fach studieren möchte, welche beruflichen Ziele man verfolgt oder welche Erfahrungen man bereits ins Studium mitbringt.

AG: Bei künstlerischen Studienfächern wird dagegen auf die künstlerische Eignung geschaut, da muss man also Mappen vorweisen oder vorspielen, -sprechen oder singen. Mit einer besonderen künstlerischen Eignung kann man manche Fächer sogar ohne Abitur studieren. Für das Fach Sport gibt es einen Sport-Eignungstests bei dem man bestimmte sportliche Leistungen erbringen muss.

CDH: Da sich diese Auswahlverfahren je nach Hochschule und sogar nach Studiengang unterscheiden können, sollte man sich rechtzeitig darüber informieren und am wichtigsten: die Bewerbungsfristen im Blick behalten. Das gilt aber natürlich grundsätzlich im Bewerbungsverfahren.

Vielen Dank Ihnen für das Gespräch!

https://www.che.de/download/check-zugangsbeschraenkungen-2024/

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