Zum Ablauf der dualen Ausbildung ist seit 1969 eigentlich alles klar geregelt. Man absolviert im Betrieb die Ausbildung und geht parallel in die Berufsschule. Dennoch müssen die zuständigen Handwerkskammern (HWKs) und die Industrie- und Handelskammern (IHKs), die für alle Unternehmen aus Handel, Dienstleistung und Industrie zuständig sind, immer wieder gut organisieren können. Ein Gespräch mit Jana Heiberger, sie ist beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) für die Themen Berufsorientierung und Berufsschulen zuständig.
Frau Heiberger, wenn ich mich für eine duale Ausbildung entscheide, ist zwar meist klar, welche Berufsschule ich besuchen kann. Doch liegt die Betonung auf meist: Muss ich denn immer in die Schule gehen, die mein Betrieb mir vorschlägt? Es gibt ja noch viele andere Berufsschulen.
Meist übernimmt der Ausbildungsbetrieb die Berufsschulanmeldung und die Berufsschulpflicht gilt dort, wo die Ausbildungsstätte ihren Sitz hat bzw.
der Ausbildungsschwerpunkt liegt oder wo der Auszubildende wohnt. Entsprechende Regelungen finden sich in den Schulgesetzen der jeweiligen Bundesländer. Abweichend hiervon gibt es für einige Berufe, in denen es nur wenige Auszubildende gibt und die vorgegeben Mindestklassengrößen nicht erreicht werden, zentrale Berufsschulstandorte sowie auch länderübergreifende Fachklassen für den gemeinsamen Unterricht. Die Ausbildungsberaterinnen und -berater der zuständigen IHKs vor Ort haben eine Übersicht der Berufsschulen in der Region und unterstützten Betriebe und Auszubildende bei Bedarf bei der Berufsschulsuche und Anmeldung.
Und was passiert genau, wenn es keine passende Berufsschule in der Nähe gibt?
In einigen Berufen mit wenigen Auszubildenden gibt es zentrale Berufsschulstandorte, mit Unterricht in länderübergreifenden Fachklassen, so genannten Landes- oder Bundesfachklassen. Bei geringen Vertragszahlen legt die Kultusministerkonferenz (KMK) in der sogenannten „Splitterberufsliste“ fest, wo eine Berufsschule eingerichtet wird. Einer Schule werden dabei ein oder mehrere, gegebenenfalls auch alle weiteren Bundesländer zugewiesen.
Haben Sie ein Beispiel?
Alle Asphaltbauer beispielsweise gehen bundesweit ins Berufskolleg Ost der Stadt Essen, während die Baugeräteführer aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein zur Gradenbergschule nach Schorndorf in Baden-Württemberg gehen. Für die anderen Bundesländer sind jeweils andere Schulen von der KMK benannt worden.
Wie entstehen eigentlich neue Ausbildungsberufe? Müssen die dann direkt deutschlandweit durchführbar sein, also auch an mehreren Berufsschulen angeboten werden?
Der Impuls für einen neuen Beruf oder die Überarbeitung eines bestehenden Berufs kommt aus der Wirtschaft. Nach dem Input von Unternehmern und Gewerkschaften erarbeiten Fachleute aus der betrieblichen Ausbildungspraxis gemeinsam die Inhalte des neuen Berufs und stimmen sie mit den Berufsschulen ab. Unser Flyer „Die Berufemacherei“ beschreibt den Weg eines neuen Ausbildungsberufs sehr anschaulich. Es gibt für neue Ausbildungsberufe mindestens eine Berufsschule, die dann auch gleichzeitig Bundesfachklasse sein kann. Bei neuen Ausbildungsberufen, wie z.B. dem Kaufmann-E-Commerce, wächst die Zahl der Berufsschulstandorte in der Regel mit der Nachfrage der Unternehmen und steigenden Azubizahlen.
Seit 2008 geht die Zahl an Auszubildenden kontinuierlich zurück, den Betrieben gehen so die Fachkräfte aus. Was wäre ihr Vorschlag Nr. 1, um wieder mehr junge Menschen für die duale Ausbildung zu interessieren?
Wichtig wären bessere Informationen junger Menschen über ihre vielfältigen Berufschancen insbesondere durch eine frühzeitige, praxisnahe Berufsorientierung und Praktika. Eigene Erfahrungen helfen Jugendlichen, sich ein Bild von den vielfältigen Möglichkeiten in der Welt der Berufe zu machen und sind entscheidend dafür, Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt besser zusammenzubringen. Die IHKs vor Ort machen hier sehr viel. Die bundesweiten IHK-Aktivitäten sind z.B. auf unserer digitalen Landkarte zur Berufsorientierung zu finden. Außerdem werben wir mit der Kampagne Nutze dein Talent für die duale Ausbildung.
Vielen Dank, Frau Heiberger, für das Gespräch!
Wer in Deutschland eine Berufsausbildung absolvieren möchte, hat grundsätzlich drei Möglichkeiten: Für die meisten Berufe gilt die duale Ausbildung, bei der aktuell in 324 anerkannten Berufen die Ausbildung im Betrieb und parallel an der Berufsschule stattfindet. Zur Wahl stehen aber auch 130 Berufe, bei denen es nur eine rein schulische Ausbildung gibt, etwa an Berufsfachschulen. Und schließlich stehen noch rund 2.000 duale Studiengänge zur Verfügung, bei denen der Betrieb ausbildet und an der Hochschule parallel studiert wird.