Auslandsreisen bringen die eigenen Sprachenkenntnisse schnell auf ein hohes Niveau. Unverzichtbar sind sie dann, wenn es um die Feinheiten geht. Die Autorin des Buches „die auslandsreise“, Susanne Troll, weist in ihrer Kolumne auf die sprachlichen Besonderheiten der Jugendsprache hin. Ein Appell für die Notwendigkeit von interkulturellem Verständnis.
Von Susanne Gry Troll
Googelt man das Akronym BFF, dann ist der erste Eintrag der „Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter“ aber auch „Berlin Friedrichsfelde“, Danach kommt „Bicycle Film Festival“, dann die „Begutachtungsstelle für Fahreignung“ und schließlich der bangladeschische Fußballverband. Bei der Bildersuche ist das Ergebnis eindeutig: „Best Friends Forever“ auf der Postkarte, BFF auf dem T-Shirt und BFF als Handzeichenherz für die beste Freundin aller Zeiten. Der Ausdruck ist nicht mehr wegzudenken aus der Jugendsprache und den sozialen Medien. Aber spätestens seitdem im Klassenchat unserer Tochter BFF-Listen mit dem Satz „du bist eine sehr, sehr gute Freundin, aber nicht meine BFF!“ diskutiert und kommentiert wurden, ist die sprachliche Konnotation des Begriffs für uns vermeintlich strukturierten Eltern nicht mehr eindeutig nachzuvollziehen. Und das liegt nicht an den vielen möglichen Entsprechungen des Homonyms BFF.
Soziale Medien erweitern nicht nur die deutsche Sprache
Jugendsprache ist Teil des Erwachsenwerdens und notwendig für die Abgrenzung von Altersgruppen. Jede Generation und jedes Land hat ihre eigene Jugendsprache. Wer früher Alter, Digga oder Buddy war, ist heute Kerl*in. Eltern sind „goofy“ (tollpatschig) und werden mit einem „Side eye“ (verächtlicher Seitenblick) bedacht. So erweitern die sozialen Medien nicht nur die deutsche Sprache um eine Vielzahl an Begriffen. Auch im internationalen Vergleich verbreiten Influencer mit angesagten Clips und Challenges neue Redewendungen. Da ist es erstaunlich, dass nur rund 30 Prozent der Wortneuschöpfungen laut dem Institut für Deutsche Sprache aus dem englischen Sprachraum kommen. Aus OK wird „oke“, aus nein/nicht wird „nd“. Es bleibt also anspruchsvoll, mit dem Zeitgeist Schritt zu halten.
Autovervollständigung treibt Sprachwissenschaftlern die Schweißperlen auf die Stirn
Im Oktober 2023 kürte der Langenscheidt-Verlag erneut die Jugendworte des Jahres. Neben dem Gewinnerwort „goofy“ standen auch „Side eye“ und „NPC“ (Non playable Character), „Slay“ (Ausdruck der Bewunderung) und „YOLO“ (You only live once) zur Auswahl. Nun sind die Wortschöpfungen – nicht zuletzt auch dank der deutschen Gründlichkeit bei der Auslese – oft schon bei der Veröffentlichung wieder veraltet und out. Instagram, TikTok & Co. verbreiten die Vokabeln eben schneller, als die Juroren ihre Häufigkeiten auszählen und gewichten können. Und die Autovervollständigung von Google hilft bei der grammatikalischen Rechtschreibung, die jedem Sprachwissenschaftler die Schweißperlen auf die Stirne treibt.
Übrigens: Während in Deutschland bereits seit 1971 das „Wort des Jahres“ gesucht wird, veröffentlicht in den USA die „American Dialect Society“ seit 1990 das „Word of the Year“. In Australien wird es seit 2006 und im Vereinigten Königreich erst seit 2015 vom ehrwürdigen Cambridge Dictionary gekürt. Allerdings war es in Cambridge 2022 nicht das häufigste Jugendwort, sondern mit „Homer“ der amerikanische Begriff für „Home run“, der in einem Online-Wordle-Quiz gefragt war und daraufhin 75.000 Mal auf der Cambridge Dictionary Website abgefragt wurde.
Wir leben in bewegten Zeiten mit vielen gesellschaftlichen, politischen und sprachlichen Herausforderungen. Themen wie Migration, Klimawandel und die Unverzichtbarkeit von Fact-Checking Portalen macht auch die Notwendigkeit von interkulturellem Verständnis deutlich, also dem Wissen um Geschichte, Kultur und Kommunikation. Der persönliche Austausch in Auslandspraktika, Schüleraustausch und Sprachreisen ist also wichtiger denn je.
Na dann – NWW (Nix wie weg).
Ihre Susanne Troll