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Fernstudium
„Das Fernstudium wird auch weiterhin eine bedeutende Rolle haben“

Während die Anzahl aller Studierender in Deutschland seit einigen Jahren stagniert, boomt das Fernstudium – rund acht Prozent der insgesamt fast 2,9 Mio. Studierenden in Deutschland lernen von zu Hause aus. Wir sprachen mit Marc Hüsch, er arbeitet als Senior Expert für Statistik und Datenvisualisierung beim Centrum für Hochschulentwicklung (CHE).

Herr Dr. Hüsch, Sie haben sich in einer Studie mit vielen Fragen rund um das Thema Fernstudium in Deutschland beschäftigt. Warum boomt eine Studienvariante, bei der all das, was ein Studium ja auch ausmacht, eher wegfällt? Der persönliche Kontakt mit Professoren und Dozenten, das Lernen in Gruppe oder das intensive Feiern mit anderen Studis am Abend?

Das hat sicherlich verschiedene Gründe. Zum einen gab es vor allem während der Corona-Pandemie einen starken Anstieg der Fernstudierendenzahlen. Auch die staatlichen Hochschulen mussten hier vielfach auf reine digitale Lehre umsteigen. Es ist zu vermuten, dass sich einige Studieninteressierte in dieser Zeit schon bewusst für Anbieter entschieden, die sich auf digitales Studieren fokussiert haben. Zudem sind Fernstudienangebote für eine Zielgruppe attraktiv, die bislang von den Präsenzhochschulen weniger angesprochen werden: Berufstätige, die neben ihrer Berufstätigkeit die Möglichkeit eines Studiums besonders gut über digitale Formate realisieren können. Die hohe Flexibilität des Fernstudiums kann für verschiedene Personengruppen einen besseren Zugang zu einem Hochschulstudium ermöglichen, zum Beispiel auch für Studierende mit Kindern.

Wie breit ist das Fächerangebot der Fernunis? Kann man alles auch digital und aus der Ferne studieren?

Besonders viele Studienprogramme stammen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Vor allem die Begriffe Business und Management kamen gerade an den privaten Hochschulen sehr häufig in den Bezeichnungen der Studiengänge vor. Auch Studienprogramme aus dem Informatik-Bereich findet man verstärkt. Nicht alle Fächer sind aber im Rahmen eines Fernstudiums studierbar. Besonders schwierig wird es in Fächern, in denen viel praktische Arbeit notwendig ist, zum Beispiel im Rahmen von Laborpraktika. Auch ein klassisches Lehramtsstudium oder Medizinstudium lässt sich derzeit nicht über ein Fernstudium realisieren.

Der Anteil der privaten Hochschulen ist im Bereich der Fernunis höher, ist das Fernstudium eine eher teure Angelegenheit?

Über eine lange Zeit war die staatliche FernUniversität in Hagen die Hochschule in Deutschland mit den meisten Studierenden im Fernstudium. Hier fällt ähnlich wie an staatlichen Präsenzhochschulen nur ein Semesterbeitrag an. Dieser beträgt derzeit 390 Euro in einem Vollzeitstudium. In den vergangenen Jahren sind allerdings vor allem die privaten Fernhochschulen stark gewachsen, an denen in der Regel deutlich höhere Kosten anfallen. Beträge von 2.000 Euro oder mehr im Semester sind hier nicht ungewöhnlich. Daher sollten sich Studieninteressierte im Vorfeld bei der Studienwahl genau über die Kostenstrukturen der Fernstudienprogramme informieren. Gleichzeitig muss man auch gegenüberstellen, dass bei einem Fernstudium ein Umzug in eine Universitätsstadt mit teureren Wohnungsmieten entfallen könnte.

Ein Fernstudium verlangt sehr viel Selbstdisziplin, es fehlt der Gruppendruck anderer Studierender, außerdem studieren ja viele auch neben ihrer Berufstätigkeit, also abends oder am Wochenende. Wie lässt sich im Vorfeld herausfinden, ob man das überhaupt packt?

Ähnlich wie im klassischen Präsenzstudium ist es im Vorfeld natürlich schwierig herauszufinden, ob das Fernstudium für einen selbst etwas ist. Bei manchen Fernhochschulen gibt es aber die Möglichkeit, das Fernstudium für einen Monat unverbindlich zu testen. Die Gebühren für diesen Monat werden nur dann fällig, wenn man das Studium danach fortsetzt.

Wohin geht Ihrer Meinung nach der Trend? Wird das Fernstudium weiterhin boomen?

Die technischen Möglichkeiten für digitales Studieren werden im Laufe der nächsten Jahre sicher weiter verbessert. Daher wird das Fernstudium auch weiterhin eine bedeutende Rolle haben. Ein besonderes Potenzial liegt aus meiner Sicht aber auch in der Kombination von Präsenzformaten und digitalen Lehrelementen. Je nach Kursinhalt kann so individuell das beste Format für eine Lehrveranstaltung gefunden werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

www.bzh.bayern.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Beitraege_zur_Hochschulforschung/2024/2024-2-Huesch.pdf

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